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Rückblick 2019 und Ausblick

Der Schwerpunkt der konkreten Projekte von miray lag bis  anhin auf der Bildung. Nebst dem Bau von Schulhäusern wurden 2019 auch zwei aussergewöhnliche Projekte unterstützt, die über das ‚übliche‘ Schulwesen hinausreichten.

Zu den Herausforderungen von Entwicklungsarbeit gehört es, Projekte zu finden, welche die Lage der Bevölkerung in Madagaskar langfristig verbessern. Die Unterstützung von Bildungseinrichtungen ist dabei – nebst der kontinuierlichen Finanzierung von Schulen über die Beiträge beispielsweise an das Bistum in Morombé – unserer  Meinung nach ein gutes Mittel. Entsprechend wurde im Jahr 2019 das Schulhaus in Iavomanoro im Hochland in der Nähe von Ambalavo eingeweiht; ein schönes Beispiel, wie Eigenleistungen der lokalen Bevölkerung mit externer finanzieller Unterstützung Hand in Hand gehen können. Ähnliches gilt für das gerade fertiggstellte Schulhaus in Andranopasy im Südwesten Madagaskars, nördlich von Morombé gelegen. Erstellt wurden drei Klassenzimmer und damit hoffen die Projektverantwortlichen vor Ort, einen „kleinen Baustein“ zur Verbesserung des Lebens der Bevölkerung zu leisten, wie es in der Projektbeschreibung heisst.

Das Schulhaus in Andranopasy, fertiggestellt im November 2019.
Schüler/-innen haben das neue Schulhaus in Iavomanoro bezogen.

Nebst der schulischen Bildung wurden 2019 auch zwei ganz besondere Projekte unterstützt. Beim einen wurden junge Leiter/-innen während eines mehrtätigen Seminars auf verschiedenen Ebenen gebildet. Wir sind gespannt, welche Früchte dieses Projekt hat, denn wir erhoffen uns zusammen mit den Verantwortlichen vor Ort, dass daraus konkrete Projekte entstehen, welche die jungen Kursteilnehmer/-innen in ihren Dörfern umsetzen.

Teilnehmer/-innen des mehrtätigen Seminars.

Schliesslich fand im September 2019 auch ein Teil der Ausbildung von Katecheten statt. Hier unterstützte miray denjenigen Ausbildungsteil, der sich mit verschiedenen sozialen und ökonomischen Fragen befasste. P. Séraphin, Mitglied unserer Partnerorganisation miray-mada beschrieb, wie sich die 29 Teilnehmer/-innen sowohl mit einer Verbesserung der Methode zum Reisanbau wie auch mit ökonomischen Fragen der Haushaltführung und mit ökologischen Themen auseinandersetzten (hier ist der Bericht einsehbar). Ein schönes Beispiel, wie breit in Madagaskar dank unserer Partnerorganisation gedacht wird – und wie sinnvoll Hilfsgelder eingesetzt werden können.

Angehenden Katecheten beim Reisanbau.

Ausblick

Über Sinn und Zweck von Entwicklungszusammenarbeit wurde und wird viel geschrieben. Richtet Entwicklungshilfe vielleicht mehr Schaden an, als sie nützt? Welche Art von Entwicklungshilfe ist nachhaltig?  So berichtete die Sendung „Einstein“ vom 7. November über einen spannenden Ansatz zur Armutsbekämpfung, bei dem einer Familie bedingungslos Fr. 1000.- zur Verfügung gestellt wird. Und auch die diesjährigen Nobelpreisträger für Ökonomie setzten sich mit der Frage auseinander, wie die Armut bekämpft werden kann. Sie gehen dabei den Weg der kleinen Schritte. Nach Forschungen in Kenia kamen sie beispielsweise bei der Frage, wie man die Ausbildung verbessern könnte, zu einem verblüffend einfachen Schluss: „Nicht Geldmangel ist das Kernproblem. Stattdessen war der Unterricht nicht gut auf die Kinder abgestimmt, Lehrer erschienen teilweise gar nicht.“ (Neue Luzerner Zeitung, 15.10.2019, S. 11). 

Da miray einen Schwerpunkt auf der Bildung hat, stellt sich auch für uns die Frage, ob wir – nebst der Unterstützung von Bildungseinrichtungen oder von Lehrgängen von Katecheten – einen Schritt weitergehen müssen, ob es beispielsweise Sinn macht, in die Bildung von Lehrer/-innen zu investieren. Diese Diskussion wird uns im Jahr 2020 weiter beschäftigen, immer mit dem Ziel vor Augen, die Situation der Bevölkerung in Madagaskar nachhaltig zu verbessern.

Und damit wünschen wir Ihnen allen ein gutes neues Jahr 2020! Und wir beschliessen das Jahr mit einem musikalischen Grusswort von Schulkindern in Anjoma, die ein Lied vortragen, das sie von Brenda de Beus gelernt haben, die während sechs Monaten in Madagaskar im Rahmen von voyage-partage unterwegs war:

„Hello, how are you?“ – Lied von Schulkindern in Ajomà, einstudiert von Brenda de Beus.

Schulhaus in Andranopasy ist fertiggestellt

Nach kurzer Bauzeit ist das Schulhaus in Andranopasy bereits fertiggestellt. Informationen dazu sind auf der entsprechenden Projektseite zu finden.

Wir sind alle sehr glücklich und wissen nicht, wie wir das Gute verdanken können, das Sie uns geschenkt haben.

Aus dem Dankesbrief vom 11. November 2019.

In einem Brief bedankten sich sowohl Eltern wie auch Lehrer, der Ingenieur und der Pfarrer des Ortes für die Unterstützung. Und diesen Dank leiten wir gerne an Sie, liebe Spenderinnen und Spender, weiter, denn ohne Ihre Unterstützung wären solche Projekte nicht möglich!

Sechs Monate in Madagaskar

Von Februar bis Ende Juli 2019 leistete Brenda de Beus aus Rothenburg im Rahmen von voyage-partage einen Einsatz in Madagaskar. Sie lernte dabei Kultur und Menschen kennen – und profitierte auch persönlich.

Nach der nervenaufreibenden Organisation eines Visums kam Brenda de Beus in Tuléar im Südwesten Madagaskars an ihrem ersten Einsatzort an. Das Zentrum „Akany Fanantenana“ für beeinträchtigte Menschen, das von miray unterstützt wird, besteht aus einer Schule, einem Rehabilitationscenter und einem Restaurant.

Schnell stellte sich heraus, dass es bei der alltäglichen Arbeit einiges an Eigeninitiative brauchte, was aber auch die Chance bot, eigene Ideen zu verwirklichen. Brenda beschäftigte sich zunächst vor allem mit denjenigen Schüler/-innen, die nicht am Unterricht teilnehmen konnten und die sonst nur wenig einbezogen wurden. Sie begann, mit diesen Schüler/-innen zu malen oder schaute Bilderbücher mit ihnen an. Und sie organisierte auch mal Bastelmaterial, aus dem sich beispielsweise ein Tischkicker fertigen liess. Abends begleitete Brenda die Schüler/-innen im altersschwachen Bus nach Hause und erhielt so auch einen Eindruck von der Wohnsituation ihrer Schützlinge.

Ein selbstgebastelter „Töggeli-Chaschte“ im Einsatz.

Da miray das Zentrum monatlich mit einem Beitrag für Nahrungsmittel unterstützt, interessierte sich der Vorstand natürlich auch für die Ernährung. Brenda beschrieb das Mitta- gessen als abwechslungsreich: „Die Schüler erhalten jeden Mittag eine grosse Portion Reis mit Bohnen und gehacktem Fleisch, Reis mit „Jus“ und Fleisch oder Sosoa aminy traka (nasser Reis mit „Blättern“). Am Donnerstag gibt es zusätzlich noch eine Banane zum Dessert.“ Wie wichtig der Unterstützungsbeitrag ist, zeigt sich auch daran, dass die Schwestern vor Ort meinten, die Kinder würden nach den Sommerferien jeweils um einiges dünner zurückkehren.

Mittagessen im Zentrum.

An ihrem zweiten Einsatzort in Anjomà („Ansuma“) warteten neue Herausforderungen auf Brenda. Sie arbeitete unter anderem als Englischlehrerin in einer Klasse mit bis zu 60 Schüler/-innen. Ihr fiel dabei auf, dass das Auswendiglernen zwar gut klappte, nicht aber die Anwendung des Gelernten. Nebst dem Unterricht arbeitete Brenda auch im Alltag mit, half mal bei den Vorbereitungen für ein Schul- fest oder im Sekretariat, röstete Erdnüsse oder ging auf den Markt einkaufen. Dank den Fussmärschen zum Markt oder auch dank den für die Einheimischen ungewöhnlichen Spaziergängen kam Brenda in Kontakt mit vielen Einheimischen, aus denen sich z.B. Einladungen zu Familienfesten ergaben. So konnte Brenda tief in die Kultur von Madagaskar eintauchen.

Dieses englische Lied hat Brenda ihren Schützlingen beigebracht.

Und nun, was bleibt von diesen sechs Monaten in Madagaskar? „Es war erstaunlich, wie schnell ich wieder in der Schweiz angekommen bin, auch mental.“ Diese Worte von Brenda de Beus mögen erstaunen. Aber trotz der nachhaltigen Erfahrungen in Madagaskar bleibt halt die Schweiz Brendas Zuhause.

Schulhaus in Iavomanoro ist fertiggestellt!

Ende August wurde das Schulhaus in Iavomanoro fertiggestellt und eingeweiht. Ein schönes Beispiel für die Zusammenarbeit der lokalen Bevölkerung mit Unternehmern, unserer Partnerorganisation miray-mada und von Ihnen, liebe Spenderinnen und Spender.

Das Schulhaus liegt ca. 15 Kilometer östlich von Ambalavao und ist unter diesem Link auf GoogleMaps auffindbar.
Unternehmer und Partnerorganisation unter der Leitung von P. Richard (Mitte).

Bericht aus Madagaskar – Teil II

Wie in diesem Beitrag beschrieben, reiste Brenda de Beus im Rahmen von voyage-partage anfangs 2019 nach Madagaskar. Nach rund zwei Wochen in der Hauptstadt Antananarivo fuhr sie weiter in den Südwesten nach Tuléar oder Toliara. Inzwischen ist sie wieder Richtung Norden gefahren und arbeitet in der Gegend von Ambalavao, genauer gesagt in Anjomà (ausgesprochen „Andsuma“), einem kleinen Dorf zwischen Fianarantsoa und Ambalavao, dem ehemaligen Wirkungsort von P. Roman. In einem „Fern-Interview“ blickt Brenda zurück auf ihre Zeit in Tuléar, beschreibt ihren Alltag und ihre Eindrücke.

Was waren deine ersten Eindrücke von Madagaskar?
Ich mag mich noch gut an meine Ankunft im Februar erinnern. Es war bereits dunkel und ich konnte daher die Umgebung noch nicht genau erkennen. Die vielen Strassenhunden fielen mir jedoch sofort auf.
In den weiteren Tagen in Antananarivo wurde ich überhäuft von Eindrücken. Die Strassen waren überfüllt von Menschen, welche ihre Einkäufe an Marktständen erledigten und Autos fuhren hupend durch die Gegend. Die meisten Autos sind so alt, dass wir schon lange nicht mehr damit gefahren wären. Die Madagassen bringen es jedoch fertig, den Wagen doch noch zum fahren zu bringen. Was mir ebenfalls zu Beginn ins Auge stach, war der Müll am Strassenrand.

Welche Aufgaben hattest du während deiner Zeit im Behindertenheim in Tuléar, das von miray mit Spendengeldern unterstützt wird?
In diesen ersten drei Monaten in Tuléar im Süden Madagaskars arbeitete ich an einer Sonderschule für beeinträchtigten Kindern. Das Center besteht aus zwei Klassen, welche nach Alter unterteilt sind, und aus einem Rehabilitationscenter. Die Schüler haben ihre individuellen Stärken. Mit den meisten lässt sich nicht mit Worten kommunizieren. Ich hatte keine Vorgaben, was meine Arbeit betrifft. So beschäftigte ich mich zu Beginn vorwiegend mit den schwächeren Schülern. Wir malten, bastelten oder schauten uns Bilderbücher an. Mit der Zeit bezog ich auch die restlichen Kindern mit ein.

Wie sah in Tuléar ein normaler Arbeitsalltag aus?
8.00 – 10.00 Uhr  Unterricht
10.00-10.30 Uhr Pause
10.30 – 11.30 Uhr Unterricht
11.30 – 11.45 Uhr Essen schöpfen für die Kinder
14.30-16.30 Uhr Unterricht
16.30- 17.30 Uhr Kinder mit dem Schulbus nach Hause begleiten

Mit den Spendengeldern von miray werden im Behindertenheim vor allem Lebensmittel gekauft. Welche sind das vor allem?
Das kann ich nur schwer beantworten. Was ich aber bestätigen kann, ist, dass die Schüler jeden Mittag eine grosse Portion Reis mit Bohnen und gehacktem Fleisch, Reis mit „Jus“ und Fleisch oder Sosoa aminy traka (nasser Reis mit „Blättern“), erhalten. Sosoa aminy traka kann man grob mit einem Spinatrisotto vergleichen. Also nichts auzusetzen. Am Donnerstag gibt es zusätzlich noch eine Banane zum Dessert.
Mir wurde gesagt, dass die Kinder nach den Sommerferien oft sehr mager wieder zurückkommen. Dünner als sie ohnehin schon sind. Am Morgen werden die Schüler mit einem Bus abgeholt und am Abend wieder sicher nach Hause gefahren, was ebenfalls hohe Kosten verursacht. Die Schwestern sorgen sich gut um das Wohl der Kinder, auch wenn das Geld gut eingeteilt werden muss.

Wie erlebst du die Ernährung und die Gerichte in Madagaskar allgemein?
In Tuléar ass ich am Morgen meistens Baguette mit Käseaufstrich, Konfitüre oder selbstgemachter Erdnussbutter. Die Schwestern assen aber gewöhnlich bereits am Morgen Reis. In Anjomà esse ich meistens eine Avocado zum Frühstück oder sonst eine Frucht. Aber auch hier beginnt der Tag für die meisten Schwestern mit Reis.

Am Mittag und Abend gibt es immer Reis. Daneben wird Gemüse, Fleisch, Fisch, Kartoffeln, Teigwaren, Omeletten oder Bohnen serviert, sehr abwechslungsreich. Eine Alternative zum Reis ist Maniok, eine Wurzel, schmeckt ebenfalls super. Zu Trinken findet man alles. Typisch für hier ist jedoch das Reiswasser. 

Gewürzt wird hier nicht speziell. Die Madagassen überlassen das Salzen oft jedem selber. Typisch ist es, Blätter zu essen. Das heisst zum Beispiel Kartoffel- oder Maniokblätter. Dies nennt man Traka oder Bred. Ich liebe es. Wenig Salz und Zwiebeln zufügen und schon hat man eine super Beilage zum Reis.

Zum Dessert gibt es bei uns meistens eine Frucht, in Tuléar gelegentlich Joghurt. Bananen gibt es das ganze Jahr über. Im Februar war Mangozeit, dann gab es reichlich Äpfel und Annanas und jetzt Orangen, Mandarinen und Avocados. Ansonsten auch einige exotische Früchte, welche wir in der Schweiz nicht kennen. 

Das Essen eines durchschnittlichen Einwohners kann ich nicht recht beurteilen, es ist aber sicherlich nicht so vielfältig wie bei uns. Ansonsten gibt es hier viele leckere frittierte Köstlichkeiten, welche zum Beispiel mit Reispulver oder Mehl hergestellt wurden, aber auch indische Samosas sind weit verbreitet. In der Küche merkt man gut, dass ein wesentlicher Teil der Bevölkerung  von Einwandern aus Südostasien abstammen. Natürlich hinterliessen auch die Franzosen ihre Spuren, da sie 1883 die Herrschaft über die Insel etablierten, welche dann zu einer französischen Kolonie wurde. Die Unabhängigkeit gewann Madagaskar erst wieder 1960. 

Wo bist du aktuell und wie sieht dein Tagesablauf aktuell aus?
Im Moment befinde ich mich im Hochland in Anjomà. Dies ist nicht weit von Fianarantsoa entfernt. Anjomà ist ein kleines ländliches Dorf, das Gegenteil von Tuléar. Hier lebe ich bei den Schwestern der heiligen Familie und gebe in einigen Klassen Englischunterricht. Manchmal helfe ich auch bei anderen Unterrichtsstunden mit. Ansonsten habe ich keine fixen Arbeiten, ausser dass ich mir angewöhnt habe, vor dem Mittagessen in der Kantine zu helfen. Während den restlichen Stunden helfe ich, wo man mich gerade braucht. So habe ich einen sehr abwechslungsreichen Alltag:
06.40 Uhr: Frühstück
07.30 – 12.00 Uhr: Individuelle Arbeit
12.00 – 13.00 Uhr: Mittagessen
13.00 – 18.00 Uhr: Individuelle Arbeit
18.00 – 19.00 Uhr: Abendgebet
19.00 – ? : Abendessen

Welche Eindrücke hast du von der madagassischen Kultur und von den Wohnverhältnissen im Besonderen?
Madagaskar ist eine sehr vielfältige Insel. Ich hatte bereits die Möglichkeit, einen kleinen Einblick vom Norden, Süden und dem Mittelland Madagaskars zu erhalten. Wüsste ich nicht besser, könnte ich meinen, viele verschiedene Länder bereist zu haben.

Im Norden in Nosy-Be, einer Insel, leben die Einwohner vorwiegend in Holzhütten, welche auf Pfosten gebaut wurden. Sehr einfach, dafür sind sie umgeben von der Natur. In der Hauptstadt Antananarivo gibt es allerhand zu sehen. Von Betonhäuser, ruinenartigen Gebäuden bis zu selbstkonstruierten Schlafplätzen aus Karton.

Auf dem Weg in den Süden findet man auch sehr kreative Bauten. Von Lehmhäuser, Strohüberdeckte Holzhütten bis zu einfachen Biwakzelten basierend aus Naturmaterialien. Was nach meinen Beobachtungen durchgehend konstant ist, sind die Wohnverhältnisse. Die meisten Madagassen leben mit ihrer Familie, oft generationenübergreifend, auf engem Raum. So befinden sich das Wohnzimmer und das Schlafzimmer im gleichen Raum. Geschlafen wird zu dritt, zu viert wenn nicht noch mehr auf einem Bett. Die Möbel sind alt. Gekocht wird draussen. Entweder mit Holzstücken oder mit Kohlen.

Ich erlebe die Madagassen als sehr aufgestellt. Freundlich, interessiert, höflich und äusserst kommunikativ. Im Vergleich zu den anderen afrikanischen Ländern ist Madagaskar noch nicht gross von der Kriminalität betroffen. Aber man muss erwähnen, dass sowohl die Kriminalität wie auch die Korruption in den letzten Jahren stark zugenommen haben. Jedenfalls hat man mir das so erzählt.

Kannst du eines deiner besten Erlebnisse beschreiben?
Zu meinen besten Erlebnisse, welche mir gerade spontan in den Sinn kommen, gehören ganz einfache Tätigkeiten wie Erdnüsse ernten auf dem Feld oder in der Küche mithelfen. Bei solchen Arbeiten fühle ich mich richtig in der Kultur integriert. Auch das Waschen der Kleider am Fluss finde ich super. Zudem wurde ich an einem Familienfest eingeladen. Mit Musik und Tanz waren alle zufrieden und glücklich:).

Und zum Schluss:
Madagaskar ist ein sehr eindrückliches Land mit atemberaubender Natur. Ich konnte noch lange nicht alles sehen. Die Madagassen sind sehr offen und schätzen es, wenn ich einige Wörter madagassisch spreche und mit ihrer Kultur mitlebe. Ich freue mich, wenn ich den Einheimischen bei gewissen Vorurteilen das Gegenteil beweisen kann. So musste ich ihnen erklären, dass auch wir selber zu Hause kochen, dass wir nicht immer nur mit dem Auto unterwegs sind, sondern durchaus auch Sport ausüben und dass auch wir vom Morgen bis am Abend arbeiten können / müssen.

P. Stephan, der diamantene Priesterjubilar

Am 29. Juni 2019 feiert P. Stephan Kissling sein 60jähriges und damit diamantenes Priesterjubiläum. Und vor 58 Jahren reiste er nach Madagaskar und ist seither dort als Missionar tätig. – Von P. Xaver Müller.

Vor 20 Jahren, im Juni 1999, geniesst der Küstenmissionar Stephan Kissling Urlaub in Werthensein. Er ruht sich aus und schaut zurück auf 38 Jahre Leben im Südwesten Madagaskars. Und er träumt von der Zeit im Missionsgymnasium am oberen Zürichsee. Er hört bei Nebel die Hörner der mit Sand beladenen Schiffe, die sich noch ohne Radar ihren Weg sicher ans Ziel bahnen. Stephan, der aus einer missionsbegeisterten Familie kommt, sieht den Weg für sich klar vorgezeichnet. Sportlich, ehrgeizig und zielbewusst setzt er sich zunächst für das Wohl des Internates ein. Als Quästor verteilt und kontrolliert er die täglich festgelegte Handarbeit. Im Schultheater „Das heilige Experiment“ spielt er eine gewichtige Rolle. Mit seinen Studienkollegen zur militärischen Aushebung aufgeboten ist die Ehrenmeldung keine Frage. Auf der traditionellen Fusswallfahrt nach Einsiedeln erreicht er als erster auf 900m Höhe St. Meinrad am Etzel und winkt seinen Wandergenossen zu.

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Seminarist St. Kissling Ende der 50er Jahre.

Im Jahr 1961 erfolgt dann die Aussendung nach Madagaskar, wo P. Kissling nach einem Jahr Sprachstudium einen ersten Posten als Vikar in Morombé antritt, verantwortlich für umliegende Dörfer: „Was ich vorfand waren drei kleine Strohkirchen und eine kleine Strohhütte für den Pater. Überall haben wir aufgeschlossene Leute angetroffen mit der Bitte um Schulen“, schreibt P. Kissling rückblickend.

Nach einem ersten Europa-Urlaub im Juni 1968 folgte die Gründung der Pfarrei Andavadoaka an der Küste im Südwesten Madagaskars. Dazu schreibt P. Kissling im Jahr 1999: „Jetzt fing der Auf-und Ausbau meines Distriktes erst recht an. Von 19 Schulkirchen sind heute 15 staatlich anerkannte, private Primarschulen, in der Zentrumspfarrei mit Sekundarschule, angeschlossen Atelier, Koch-und Nähschule.“

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Schule in Andavadoaka

In Google Maps kann Andavadoaka mittels StreetView erkundet werden (dazu auf den Link „GoogleMaps“ klicken, dann auf das kleine gelbe Männchen rechts unten, Maus gedrückt halten und auf eine der erscheinenden blauen Linien ziehen).

Weiter schreibt P. Kissling 1999: „Seit 1974 lege ich ein Hauptgewicht auf praktische Arbeiten nebst Seelsorge. Seit 25 Jahren führe ich eine Haushalt-und Kochschule für Mädchen mit Laienlehrerinnen, später mit einer einheimischen Schwesternkongregation. Burschen haben Möglichkeiten zur Ausbildung: Seit 20 Jahren Ateliers mit Schreinerei und Mechanik. Im Rahmen der Entwicklungshilfe 1988-91 wurden zudem in meinem ganzen Distrikt 23 Sodbrunnen von unserem Laienhelfer-Paar Meinrad und Iris Kissling gegraben.“

Zum Aufbau der kirchlichen Infrastruktur schreibt P. Kissling 1999: „Am Anfang zeigten die Christen wenig Eigeninitiative. Heute haben wir in jedem Dorf ein Pfarreibüro, das mehr oder weniger gut klappt. Die Leute schätzen es, dass man auf ihre Mitarbeit zählt, nur wollen sie sich nicht zu viel „diktieren“ lassen. Ich sehe das als ein gutes Zeichen, sie sollen ihre Freiheit bewahren.“

In Andalambezo, 35km südlich von Andavadoaka, bezieht P. Kissling schliesslich seinen „Alterssitz“, wie er selber meint, inklusive Sodbrunnen und Gemüsegarten. Eine Bau-Equipe und einen Mechaniker habe er mitgenommen, schreibt er 1999, denn es gebe noch viel zu tun.

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P. Kissling in seinem Heim in Andalambezo.


Bericht aus Madagaskar – 1

Wie in diesem Beitrag beschrieben, reiste Brenda de Beus im Rahmen von voyage-partage anfangs 2019 nach Madagaskar. Nach rund zwei Wochen in der Hauptstadt Antananarivo fuhr sie weiter in den Südwesten nach Tuléar oder Toliara.Hier ihre ersten Eindrücke.

Madagaskar 4. Februar – 2. März 2019

Während meinem ersten Monat in Madagaskar habe ich bereits viele Eindrücke sammeln können. 
Die ersten zwei Wochen verbrachte ich bei den Schwestern «de la Sainte Famillie» in Antananarivo. Ich wurde herzlich empfangen. Sie nahmen mich bei ihren alltäglichen Einkäufen mit, bei denen es immer viel zu beobachten gab. Eine völlig andere Welt. Das Leben der Madagassen findet praktisch rund um die Uhr auf der Strasse statt. Viele Verkäufer, von kleinen Kindern bis zu Personen im fortgeschrittenem Alter. Ebenfalls bekam ich für unsere Verhältnisse, undenkbare Wohnverhältnisse zu sehen. Trotzdem erscheinen mir die Einwohner sehr aufgestellt und kommunikativ. 

Blick auf Antananarivo – oder kurz „Tana“.
„Das Leben findet auf der Strasse statt.“ – Fahrradreparatur-Werkstatt auf madagassisch.
Schulkinder in Uniformen auf den Strassen von Tana.

Nach ca. zwei Wochen ging meine Reise weiter nach Tuléar .Wir, Sr. Fanja und ich,  befuhren la Route National. Eine bekannte Strecke von 1200 km. Umgeben von grünen Naturflächen, welche sich von Zeit zu Zeit ändern.

Auf der Route Nationale ergeben sich spektakuläre Ausblicke.

Nach drei Tagen erreichten wir schlussendlich «le centre Akany Fanantenana», wo ich bereits gespannt von den Schwestern «de Saint Paul de chartre» erwartet wurde. Das Center besteht aus zwei Schulklassen, eine für die Kleinen und eine für die Grossen und aus einem Rehabilitationszentrum.

Strassenszene in Tuléar. Gleich hinter dem grossen Mangobaum befindet sich das „Centre Akan Fanantenana“.

In der ersten Woche durfte ich einen Einblick ins Rehabilitationszentrum erhalten. Es war sehr spannend. Da ich dort jedoch nicht viel mithelfen konnte, war ich froh, die darauffolgende Woche bei den grossen Kindern in der Klasse arbeiten zu können. Zu Beginn musste ich etwas schlucken, da meiner Meinung nach nicht wirklich ein Programm für die Kinder vorhanden war. Zumindest konnte ich diese noch nicht erkennen. Ausserdem hatte ich Mühe, mich an einer Arbeit zu beteiligen. Ich musste mir sie selbst suchen. Im Moment arbeite ich nun mit den schwächsten Schülern, welche aufgrund ihrer Behinderung nicht am Schulprogramm teilhaben können. Mit ihnen beschäftige ich mich nun mit Bastelaufgaben. Ihre fröhliche und unbeschwerte Art bringt mir viel Freude in den Alltag. Nun bin ich gespannt wie es weitergeht.